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Tanken beim Dorfwirt

Robert Hanke ist ein Blume aufgegangen: Er kam von großvolumigen Spritfressern zu Pflanzenöl als Treibstoff.
 

Robert Hanke ist ein Freund großer amerikanischer Geländewägen. Je dicker der Motor, je höher die Reifen, je mächtiger der Sound, desto besser. Bereits mit 16 hat er am ersten Jeep geschraubt, und die Kindheit ist eine prägende Zeit. Doch Robert Hanke ist auch ein Freund der Umwelt, fossile Energie fand er immer schon irgendwie bedenklich. Ein Freigeist wie er lebt nicht gerne in Abhängigkeiten. Vor zwei Jahren ließen die stetig steigende Spritpreise die Diskrepanz zwischen dem Wollen und dem Tun endgültig zu groß erscheinen. „Es war ein Drama“, sagt der 35jährige E-Business-Manager heute. „Ich konnte mich des Gefühls nicht mehr erwehren, dass es eine kleine Sauerei ist, einen Ami-Schlitten zu fahren.“ Er litt wie ein Hund. Es musste Abhilfe geschaffen werden. Dringend.

Es muss nicht immer Diesel sein

Hanke, ein gebürtiger Seekirchner, lebt heute in Wolkersdorf, einer Gemeinde nördlich von Wien, inmitten von Raps-, Sonnenblumen- und Maisfeldern. Das Gute liegt oft sehr nah: Dass sich jeder Dieselmotor prinzipiell auch mit Pflanzenöl fahren lässt, war ihm schon lange bekannt. Also machte er sich auf die Suche nach der passenden Technologie und wurde fündig bei Georg Lohmann, einem Pflanzenöl-Tüftler der ersten Stunde und der Firma Elsbett, einem kleinen aber feinen Familienbetrieb in Bayern, dessen Wurzeln bis auf das Jahr 1964 zurückreichen. Weltbekannt wurde Elsbett in den Siebziger Jahren durch die ersten serienmäßig hergestellten direkteinspritzenden Vielstoffmotoren für PKW, heute beschäftigt sich das Unternehmen mit der Umrüstung von gängigen Dieselmotoren auf Pflanzenöltechnik. Das Firmencredo am Beginn des dritten Jahrtausends: Fossile Energien einsparen, wo immer dies geht, und diese durch alternative und regenerative Energien ersetzen, wo immer dies sinnvoll ist. „Eine Offenbarung!“, strahlt Hanke. „Für ein paar hundert Euro habe ich den ersten Umbausatz erworben – Glühkerzen, Kraftstofffilter, Relais, Temperaturschalter, Absperrhähne und so weiter. Mit einem Schlag war ich spritmäßig autark. Das war ein verdammt gutes Gefühl!“

Schnell amorisiert

Klar gab es Schwierigkeiten auf dem Weg. Erstens: Es musste ein Auto her, das den hohen Ansprüchen des Auto-Fetischisten gerecht wurde (jawoll, ein amerikanischer Geländewagen sein!), und es musste ein Auto mit Dieselmotor sein. Die Lösung hieß International Scout mit einem Nissan 6-Zylinder und dreieinhalb Liter Hubraum, konzipiert für den US-amerikanischen Markt. Es war ein Glückstreffer, die Rarität wartete ums Eck in der Wiener Gebrauchtwagen-Zeitschrift. Bingo!. Zweite Hürde: Die Verfügbarkeit des Treibstoffs. Pflanzenöl gibt es zwar in jedem Supermarkt zu kaufen, doch die Dimensionen waren größer zu denken. 100 Liter an Bord durften es schon sein. „Also hab ich bei den örtlichen Ölmühlen angefragt, zu welchem Preis ich Raps- oder Sonnenblumenöl beziehen könnte. Das sind derzeit 70 bis 75 Cent für den Liter. Und die Gastwirte geben das Altfrittieröl überhaupt gratis ab, das braucht man vor Gebrauch nur mehr zu filtrieren … “
Also fährt Hanke seinen International Scout nun mit Pflanzenöl, das deutlich weniger als Diesel kostet, aus der regionalen Landwirtschaft oder der Küche des Dorfwirten stammt, CO2-neutral und überall lagerfähig ist. 60.000 Kilometer hat er mit dem erneuerbaren Treibstoff bereits zurückgelegt, und der Verbrauch ist in etwa gleich wie bei herkömmlichen Diesel. Die Investitionskosten haben sich schon lange amortisiert.

Die Seminare sind gut besucht

Vor eineinhalb Jahren gründete Hanke gemeinsam mit Freunden den Verein „biotrieb“ (www.biotrieb.org), einen Zusammenschluss Gleichgesinnter, der sich als Plattform für Forschung, Hersteller und Anwender versteht. Umrüst-Seminare für Pflanzenölfahrzeuge werden ebenso angeboten wie Marktbeobachtung, Beratungsgespräche und Prototypen-Tests. Der Andrang ist groß, die Seminare sind auf ein halbes Jahr hin ausgebucht. Derzeit sucht man Vertriebspartner für Pflanzenöltankstellen, um eine möglichst flächendeckende Versorgung auch in Ballungsräumen zur Verfügung stellen zu können.

Und was ist seine Motivation für sein Tun? „Gerade in der Technik sind Vorzeige-Projekte wichtig. Sonst glaubt ja keiner, dass es geht!“ Sagt’s, grinst, startet, hebt die Hand zum Gruß und hinterlässt eine nach frischem Salatöl riechende Duftwolke.

Das Schlusswort: „Der Gebrauch von Pflanzenöl als Kraftstoff mag heute unbedeutend sein. Aber derartige Produkte werden im Laufe der Zeit ebenso wichtig wie Petroleum und diese Erdöl-Produkte von heute werden.“ Rudolf Diesel, Patentschrift 1912

 

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Text und Bild: Karin Mairitsch
 
 
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Letzte Änderung am Dienstag 23 August, 2005 13:44