Home - Auto & Motorrad - Stürzen auf der Rennstrecke

 

Fahr nicht schneller als dein Schutzengel fliegen kann

Der Mensch ist fehlbar. Er überschätzt sich gerne selber.
 

Es ist Sonntag und es ist auf der Rennstrecke. Der Tag ist schön und der Himmel blau, das Thermometer zeigt zwar frische, aber für Mitte Februar durchaus Vertrauen erweckende sieben Grad Celsius, die Reifen sind gerade gut eingefahren, und das Motorrrad, eine Triumph Daytona 675 mit drei Zylindern, 140 PS und Durchzug ohne Ende, harrt ebenso wie ich der Dinge, die an diesem Renntag auf uns zukommen werden.

Um 10 Uhr beginnt das freie Training, und mein Begleiter hebt mahnend den Zeigefinger, als ich mit kindlich leuchtenden Augen und aufgeregt geröteten Wangen Handschuhe, Halstuch und Helm anlege. „Vergiss nicht die Reifen ordentlich warm zu fahren.“ Ich nicke. „Hast du mich verstanden?“ Ich nickte abermals. Reifen ordentlich warm fahren. Verstanden. Kann ich jetzt endlich auf die Stecke?

Ich kann. Das Licht ist Grün. Raus aus der Boxenstraße, ab auf den Beschleunigungsstreifen, zweiter Gang, Rechtskurve, jetzt die Gerade, dritter Gang, jawohl, Gaaaaas! Yes, yes, yes! Da ist es wieder, das Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten, die Weite des Pannonia-Rings, die unendliche Spielwiese hat mich wieder, gehört mir, mir, mir! Aber halt, ich hab’s im Griff, Reifen warm fahren hat mein Begleiter gesagt.


4.740 Meter und 18 Kurven sind die Eckdaten der Strecke. Der Verkehr ist dicht, am Tag des Saisonstarts haben sich hier gut 60 Motorräder versammelt. Und die Kollegen sind hoch motiviert. So wie ich.

Nach fünf Runden gebe ich Gas, lasse das Knie in Richtung Asphalt wandern, werde schneller und schneller, tanze mit dem Kurven, verschmelze mit dem Motorrad, nehme die Jagd auf, beginne zu fliegen, jenseits von Raum und Zeit. Jetzt ist alles gut. Doch da, unmittelbar vor mir – ein Unfall!!! Zwei Motorräder verhaken sich am Kurveneingang, einer fliegt ab, kurz bin ich irritiert, denke mir noch, das geht mich nichts an, da rutscht auch schon das Vorderrad weg, haltlos, ansatzlos schlittere ich mit 150 Sachen über den Asphalt, im Höllentempo kommt das Kiesbett auf mich zu, ich stürze, stürze, überschlage mich, suche nach Halt, überschlage mich nochmals, mein Körper verspannt sich in Todesangst, ich schlittere hinein ins Gras, hinein in die Strohballen, pralle auf, komme zum Liegen.


So schnell kann es gehen. Bänderriss am rechten Daumen. Operation, sechs Wochen Gips. Verdammtes Glück gehabt.


 
Text: Karin Mairitsch
Bild: Dr. Rudl, picart
 
 
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Letzte Änderung am Donnerstag 8 März, 2007 14:35