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Der Bastard aus Übersee

Die Mutter war ein Snowmobile, der Vater eine Motocross-Maschine. Die kanadischen Winter sind lang und man kann nicht immer fernsehen
(Testbericht Snowhawk)
 

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Dicke Handschuhe, wasserdichte Stiefel, Knieprotektoren, Brustpanzer, gefütterte Jacke, Crosshelm, Brille. Den Schal nicht vergessen. Anstarten, aufsteigen, Gas geben, und zwar ordentlich. Geradeaus kann uns nichts passieren, doch dann kommt die erste Kurve, und wer jetzt vom Gas geht, hat schon verloren. Reine Nervensache.

Das Konzept, der Wille, und die Umsetzung

Der Snowhawk ist brandaktuell und wurde von der in Quebec ansässigen Firma AD Boivin ins Leben gerufen. Er versteht sich als das Missing Link zwischen Snowmobile und Motorrad, heuer werden rund 500 Stück produziert. Ausgestattet ist der Snowhawk mit einem luftgekühlten 503-Kubik-Zweizylinder-Zweitaktmotor von Rotax-Bombardier mit Membraneinlasssteuerung, zwei 34-Millimeter-Mikuni-Vergasern und einem (!) Auspuff; das ist kurios, aber funktionell. Die Startprozedeur erfolgt per Seilzug, Fahrwerk und Bremserei sind vom feinsten: voll verstellbare 46-Millimeter-Upside-Down-Gabel von Paioli, die Federbeine kommen von Kayaba, die Bremse stammt von Brembo, was allerdings ziemlich wurscht ist, denn bremsen tut der Schnee ohnehin von selber und manchmal mehr, als einem lieb ist. Die Kraftübertragung erfolgt über Riemen-Variomatik und Fliehkraftkupplung, und ist vergleichbar mit der eines Rollers. Angetrieben wird der Snowhawk über eine rund 30 Zentimeter breite Raupe, die Hartgummi-Glieder sind allerdings nicht flach wie bei einem Snowmobile, sondern V-förmig, ganz im Sinne der maximalen Kurvenschräglage. Gelenkt wird vorne über eine ebenfalls V-förmige Kufe.

Hat man das neue Sportgerät aus Übersee erstmals vor sich, kann man sich des Eindrucks eines Jet-Skies nicht erwehren. Neben der Sitzposition ist es auch die Fahrtechnik, die uns an glückliche Stunden auf den warmen Wassern der Adria denken lässt. Das Um & Auf beim sportlichen Bewegen des Gerätes ist der beherzte Gasgriff in der Kurve gepaart mit einer Gewichtsverlagerung nach innen. Hat man dazu nicht den Mut, treten die Grenzen der Physik in Kraft und man liegt unweigerlich auf der Pappen. Wenn man den Dreh allerdings draußen hat, ist der Snowhawk der reine Spaß. Das Fahrwerk ist den Anforderungen problemlos gewachsen, man hat bei seiner Dimensionierung offenbar bereits auch zukünftige stärker motorisierte Varianten mit berücksichtigt. Bei einem Trockengewicht von 160 Kilogramm bringt es der Snowhawk in der jetzigen Ausführung auf die Leistung von 60 Pferden; das ist nicht die Welt, aber immerhin ein Anfang. Und für den reicht es alleweil, denn - Hand aufs Herz - ganz so einfach ist das Ding nicht zu bewegen. Als geübter Motorradfahrer tut man gut daran, ein oder zwei Trainingstage einzuplanen, bevor man sich der Beherrschung des Gerätes brüsten darf. Und das ist gut so, denn schließlich macht gerade das Erobern die größte Freude.

Herbergssuche in den Alpen

In den USA wurde für den Snowhawk eine eigene Klasse bei den Snowcross-Meisterschaften geschaffen, die sich steigender Beliebtheit erfreut. Die Rundenzeiten sind mitunter schneller als die der Renn-Snowmobile, und das will schon was heißen. Auch einige der österreichischen Motocross-Pisten verfügen über ausreichend Schnee, und so sie nicht gerade im Naturschutzgebiet Tirols liegen (siehe nebenstehender Kasten "Vom Können und Dürfen"), haben die Verfechter des Snowhawk eine realistische Chance, diese MX-Strecken auch im Winter für die neue Sucht benützen zu dürfen. Die - zeitlich beschränkten - Genehmigungen zum Training auf den Strecken von Lackenhof und Innerkrems konnten bereits eingeholt werden.

Importeuer des Snowhawk ist der 40jährige gebürtige Wiener Alex Neuriesser. Mit seinem umtriebigen Charakter hat er sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht als Veranstalter von jenseitigen Snowmobile- und Pistenraupen-Events in den winterlichen Bergen sowie von feuchtfröhlichen Jet-Ski-Rennen am sommerlichen Mittelmeer. Seine Tortours werden von Privatpersonen ebenso gebucht wie von Firmen, die ihren Mitarbeitern ein Incentive-Wochenende der besonderen Art zukommen lassen wollen.
Den Snowhawk sieht er in der heurigen Wintersaison eher als schmückendes Beiwerk seiner Veranstaltungen denn als Verkaufsprodukt. Aber: "Für die Saison 2003 erwarten wir eine eigene Rennklasse für den Snowhawk im Rahmen der Snowcross-Meisterschaften. Dann wird man sehen, dass der neue Sport bei Fahrern und Publikum gut ankommt", gibt sich Neuriesser vom Produkt überzeugt. Um dem neuen Gerät in Österreich, Deutschland und Osteuropa zum Durchbruch zu verhelfen, begibt er sich nun intensiv auf die Suche nach Händlern, wobei er den Snowhawk sowohl bei etablierten Motorradhändlern als auch in der Szene der Snowmobile gut aufgehoben sieht. Weil: "Es muss sich ja bitte nicht immer so verhalten, dass ein Trend aus dem benachbarten Ausland zu uns kommt. Es kann ja durchaus auch einmal umgekehrt sein."

Wir wünschen es uns, und ihm wünschen wir viel Erfolg. Möge der Spaß gewinnen!

 
Text: Karin Mairitsch
 

(Artikel erschienen im "Motorradmagazin")

Nähere Auskünfte gibt es bei Wake Up [Tor]tours, Alex Neuriesser,
Herbert-Rauch Gasse 16, 2361 Laxenburg,
Tel. & Fax: +43/2236/729 44,
e-mail: mas@jetski.at
oder unter http://www.snowmobile.at

 
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Letzte Änderung am Donnerstag 12 Juni, 2003 22:06 von Webknecht